Wenn Aufgeben keine Alternative mehr ist

Wir liefen an einer Bushaltestelle an einem Plakat vorbei. Ich hielt inne, mir liefen kurz die Tränen herunter.
Lili (6): Was ist los Mama?
Ich: Der Mann auf dem Plakat hat Blutkrebs. Wahrscheinlich muss er bald sterben. Daneben steht der Satz „Kennst du das, wenn Aufgeben keine Alternative mehr ist?“. Das hat mich gerade sehr traurig gemacht.
Lili: Was heißt das denn?
Ich: Wenn du es nicht schaffst, die gesamte Strecke mit Fahrrad zu fahren, dann kannst aufgeben, weil du entweder schieben kannst, wir eine Pause machen oder ich dir helfe. Wenn man aber Krebs hat wie der Mann, dann kann man nicht einfach aufgeben und anders weiter machen. Auch helfen kann dann manchmal nicht mal ein Arzt. Man kann nur weiter versuchen gegen den Krebs zu kämpfen.
Lili: Ja, das ist traurig Mama.
Ich: Wenn man ein schlechtes oder trauriges Gefühl hat, dann muss man unbedingt weinen, damit dieses Gefühl raus kommt. Sonst bleibt es im Körper. Ich will nicht, dass meine Traurigkeit im Körper bleibt, deshalb habe ich geweint.
Lili: Aber weißt du Mama, ich verstehe das noch nicht so gut. Ich weiß noch nicht genau, was Blutkrebs bedeutet. Deshalb muss ich nicht weinen. Du bist erwachsen und weißt schon, was das bedeutet. Deshalb weinst du.
Ich: Menschen mit Down Syndrom bekommen öfter Blutkrebs als Menschen ohne Down Syndrom. Deshalb habe ich auch ein bisschen an deinen Bruder gedacht.
Lili: Ich hoffe, dass Anatol kein Blutkrebs bekommt, weil dann muss ich auch weinen. Dann weint ja unsere ganze Familie. Immer, wenn jemand stirbt, weint die ganze Familie.

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