Gespräch

Ich: „Ich wünsche mir, dass wir nett und liebevoll zueinander sind.“
Sie: „Du willst immer nur Friede, Freude, Eierkuchen.“
Ich: „Es geht mir nicht um ständige Harmonie. Aber du brüllst mich permanent an, beschimpfst mich oder schreist Ich-hasse-dich. Das macht mich richtig fertig. Eine solche Kommunikation halte ich nicht aus und möchte nicht so leben. Ich will, dass wir in Ruhe miteinander sprechen.“
Sie: „Das liegt daran, dass Du mich immer ändern willst. Du willst, dass ich anders bin. Du willst, dass ich Fahrrad fahre obwohl ich Videos schauen will. Du willst, dass ich Hühnersuppe esse, obwohl ich lieber etwas anderes esse. Du willst, dass ich nett zu irgendwelchen Leuten bin, obwohl ich sie gar nicht kenne. Du willst, dass ich mich für alles begeistere so wie du… Theater, Bücherhalle, Handball,… Aber das tue ich nicht!“
Ich: „Ich will Dich nicht ändern. Ich liebe Dich so wie Du bist. Aber wir wohnen hier zusammen, auch ich möchte mich hier in der Familie wohl fühlen und ab und zu Gemeinschaft mit Euch erleben. Ich mache gerne Ausflüge, ich freue mich über gutes Essen und ich freue mich wenn jemand mit mir Sport treibt. Ich kann nicht den ganzen Tag in der Wohnung hocken. Auch kann ich den gesamten Haushalt nicht allein schaffen. Dafür brauche ich ab und zu Eure Hilfe.“
Sie: „Du willst immer, dass ich aufräume und helfe, obwohl Anatol nie aufräumt und hilft.“
Ich: „Du weißt, dass Anatol viele Dinge noch nicht versteht. Ich versuche ihn immer ins Aufräumen und Saubermachen einzubeziehen. Oft gelingt es mir nicht. Er hat seinen eigenen Kopf.“
Sie: „Ich habe auch meinen eigenen Kopf. Bei mir wird das nicht akzeptiert.“
Ich: „Ich will, dass Du glücklich bist.“
Sie: „Das kann nicht sein. Dann würdest Du mich nicht ständig quälen und mir das Handy wegnehmen.“
Ich: „Das Handy nehme ich Dir weg, weil ich Dich liebe und ab und zu mit Dir etwas machen möchte. In der realen Welt. So richtig mit dem Körper und so. Und, weil ich ab und zu reden möchte. So reales Reden, von Mensch zu Mensch.“
Sie (genervt): „Was willst Du denn immer reden? Reden, reden, reden.“
Ich: „Erzähl mir, was ihr heute in der Schule gemacht habt?“
Sie: „Nichts.“
Ich: „Was gab es zum Mittag?“
Sie: „Nudeln“
Ich: „Hast Du Dich mit jemanden gestritten?“
Sie: „Ja. Aber wir haben uns dann wieder vertragen.“
Ich: „Worum ging es denn da?“
Sie: „Hab ich schon wieder vergessen.“
Ich: „Hast Du Hausaufgaben auf?“
Sie: „Nein. Fertig geredet? Kann ich jetzt mein Handy wieder haben?“
Ich: „Nein. Lass uns Ubongo spielen.“
Sie: „Keine Lust.“
Ich: „Worauf has Du Lust?“
Sie: „Auf Schwimmbad.“
Ich: „Es ist 19 Uhr. Morgen ist Schule. Du musst gleich ins Bett.“
Sie: „Warum fragst Du mich worauf ich Lust habe, wenn wir es eh nicht machen?“

Lili tut so als wär sie behindert

Das Thema scheint Lili (6) gerade sehr zu beschäftigen. Neulich malte sie Behinderte und gestern spielte sie behindert. Sie stellt wenig Fragen. Sie hat ihre Art, sich damit auseinanderzusetzen. Wir fuhren also gestern ins Schwimmbad und ich wollte noch kurz bei der Post anhalten, um zwei Briefe loszuwerden. Vor der Post gab es dann aber keinen freien Parkplatz. Also tat ich etwas, was ich total verabscheue: ich stellte mich auf den Behindertenparkplatz. Als ich aus dem Auto stieg, stellte mich auch gleich der Mann aus dem Nachbarauto zur Rede und fand es unmöglich, dass ich mich auf diesen Parkplatz stellte. Ich entschuldigte mich verlegen und sagte, dass ich nur eine Minute schnell die Briefe wegbringe und gleich zurück sei. Dann rannte ich schnell in die Post, gab die Briefe hastig ab und rannte wieder zurück zum Auto.

Im Auto sagte Lili: „Mama, mach dir keine Sorgen. Während du weg warst habe ich so getan als wäre ich behindert.“

Ich: „Wie denn? Zeig mal!“

Lili setzte sich unbeweglich auf. Sie erschlaffte ihre gesamten Gesichtsmuskeln und ließ, ihr Kinn nach unten fallend, den Mund offen stehen.

Die Angst überwinden – Fortsetzung

Drei Tage Kita-Reise an die Ostsee. Wieder beim Abschied heimlich geweint. Anatol (4) ist noch so klitzeklein. Die Kita-Leitung nennt ihn liebevoll den „Leisen Übeltäter“, weil er sich immer unbemerkt, still und leise davon schleicht und Blödsinn macht. So hatte sie ihn einmal gerade noch rechtzeitig erwischt als er über den Gartenzaun der Kita kletterte und das Weite suchen wollte.

Drei Tage ohne Mama, Papa und Lili. Für ihn kein Drama. Für die ErzieherInnen wahrscheinlich eine Herausforderung. Und für mich eine Möglichkeit, Loslassen zu üben. Das ist wirklich schwer.

Gestern den ganzen Tag Bücher mit Lili gelesen, im Schwimmbad und mit Papa im Restaurant gewesen. Und dann finde ich ein Brief von ihr an ihren Bruder im Briefkasten. Und wieder ein bisschen Weinen. Es geht uns gut.

9.6_1 9.6_2 Anatol auf Kita-Reise 1 Anatol auf Kita-Reise 2

Lili malt Behinderte

Neulich im Auto.
Lili (6): Mama, wenn wir zuhause sind, dann male ich einen Behinderten.
Ich: Mach doch.
Lili: Ich kann gut Behinderte malen!
Ich: Willst du einen Menschen im Rollstuhl malen oder was?
Lili: Nein, einen Behinderten der gehen kann.
Ich: Und woran erkennt man dann, dass es ein Behinderter ist?
Lili: Das erkennt man. Ich kann ja einen Behinderten neben einem Normalen malen. Dann kannst du den Unterschied sehen.

Zuhause malte sie drauf los. Das hier sind ihre zwei Behinderten:

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Und das ist ein Normaler und ein Behinderter (damit man den Unterschied sieht):

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Ich: Aber Anatol ist doch auch behindert und er hat nicht nur ein Auge?
Lili: Ja Mama. Aber das ist doch nur meine Fantasie. So sehen Behinderte in meiner Vorstellung aus.

Wenn Aufgeben keine Alternative mehr ist

Wir liefen an einer Bushaltestelle an einem Plakat vorbei. Ich hielt inne, mir liefen kurz die Tränen herunter.
Lili (6): Was ist los Mama?
Ich: Der Mann auf dem Plakat hat Blutkrebs. Wahrscheinlich muss er bald sterben. Daneben steht der Satz „Kennst du das, wenn Aufgeben keine Alternative mehr ist?“. Das hat mich gerade sehr traurig gemacht.
Lili: Was heißt das denn?
Ich: Wenn du es nicht schaffst, die gesamte Strecke mit Fahrrad zu fahren, dann kannst aufgeben, weil du entweder schieben kannst, wir eine Pause machen oder ich dir helfe. Wenn man aber Krebs hat wie der Mann, dann kann man nicht einfach aufgeben und anders weiter machen. Auch helfen kann dann manchmal nicht mal ein Arzt. Man kann nur weiter versuchen gegen den Krebs zu kämpfen.
Lili: Ja, das ist traurig Mama.
Ich: Wenn man ein schlechtes oder trauriges Gefühl hat, dann muss man unbedingt weinen, damit dieses Gefühl raus kommt. Sonst bleibt es im Körper. Ich will nicht, dass meine Traurigkeit im Körper bleibt, deshalb habe ich geweint.
Lili: Aber weißt du Mama, ich verstehe das noch nicht so gut. Ich weiß noch nicht genau, was Blutkrebs bedeutet. Deshalb muss ich nicht weinen. Du bist erwachsen und weißt schon, was das bedeutet. Deshalb weinst du.
Ich: Menschen mit Down Syndrom bekommen öfter Blutkrebs als Menschen ohne Down Syndrom. Deshalb habe ich auch ein bisschen an deinen Bruder gedacht.
Lili: Ich hoffe, dass Anatol kein Blutkrebs bekommt, weil dann muss ich auch weinen. Dann weint ja unsere ganze Familie. Immer, wenn jemand stirbt, weint die ganze Familie.

Schieß mit mir

Passend zu meiner Stimmung die heutige Spielidee unserer fünfjährigen Tochter: Abschießen

Ich bin die Prinzessin von Starwars und Tolja ist das Unterhemd, der böse Kanonenschießer. Mama ist die Frau mit dem goldenenen Bikini. Papa ist der Retter, wenn das Unterhemd die Prinzessin entführen sollte. [Das hat er schon einmal getan. Dabei hat er die Prinzessin sogar gefesselt.]

Ich bin tot, wenn ich umfalle und nicht mehr aufstehe. Aber wenn ich mich einfach so hinlege, dann ruhe ich mich nur aus. Tolja ist tot, wenn er mit dem Unterhemd einen Schlag ins Gesicht bekommt. Das findet er immer so lustig. [Achtung!! Oh nein. Er will meine Mutter abschießen!!]

Meine Mutter hat 100 Leben. Man muss ihr mit dem Hemd auf den Bauch, die Beine, die Arme, ins Gesicht usw. schießen, damit sie stirbt. Ich liebe meine Mutter, deshalb ist sie niemals so schnell tot.

[Mama, ich will heute unbedingt in meinem Prinzessinnenkleid schlafen!]

???Woher kennt sie Starwars???