Gedanken zur Heilpädagogik

Der wichtigste Grundgedanke der Heilpädagogik ist die „Ganzheitlichkeit“. Aus dem heilpädagogischen Blickwinkel ist nicht allein die Behinderung, sondern der ganze Mensch (mit seinen Fähigkeiten, Problemen und Ressourcen, sowie seinem sozialen Umfeld) bei der Bearbeitung und Lösung von Problemstellungen zu betrachten und einzubeziehen. Man könnte die Heilpädagogik auch ganzheitliche Defizitorientierung nennen.

Diese ganzheitliche Herangehensweise birgt für mich noch andere Schwierigkeiten:
1. Wenn ein „Klient“ überhaupt nicht ganzheitlich betrachtet, verstanden, begleitet oder behandelt werden möchte.
2. Es muss ein totalitäres Entwicklungs- und Erziehungsideal geben, nach dem ein Heilpädagoge einen Klienten betrachtet und daraufhin seinen „Behandlungsplan“ erstellt. Was, wenn dies nicht mit dem Ideal des Klienten übereinstimmt?
3. Ganzheitlichkeit und Professionalität sind m.E. schwer vereinbar.
4. Das dritte 21. Chromosom kann nicht „geheilt“ werden. Es wird für immer bleiben.

Es bleibt vom Begriff der Ganzheitlichkeit meiner Meinung nach der Versuch, die Mehrdimensionalität des Lebens bzw. der Entwicklung eines Menschen irgendwie als Zusammenhang zu organisieren. Und genau hier, nämlich in der Organisation, sehe ich den Hauptnutzen von „Heilpädagogik“: Unübersichtlichkeit (z.B. von verschiedenen Therapieformen, Lernmethoden, Schulformen, Behörden) für den Klienten zu reduzieren und diesbezüglich zu beraten. Habe jedoch das Gefühl, dass gerade dies für viele Heilpädagogen, während sie eifrig damit beschäftigt sind, ganzheitliche Entwicklungsberichte und Behandlungspläne zu schreiben, eher eine geringere Rolle spielt.

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