Joachim Nikolaus Steinhöfel, Hamburger Rechtsanwalt und beliebter Großkotz, postet am 7. Juli auf facebook:
„Wer rund um die Uhr mit Allah und wenig außerdem im Kopf herumrennt, Frauen verschleiert, Wein und Musik für sündhaft hält, die europäische Literatur, den europäischen Geist und die europäische Lebensart geringschätzt, wer etwa als Franzose nie den Louvre betreten, nie ein Konzert, nie eine Oper besucht hat und stattdessen glaubt, die Welt mit beduinischen Verhaltensvorschriften aus dem 7. Jahrhundert missionieren zu müssen, ist kein Europäer, auch wenn seine Eltern in Europa geboren sein sollten. Es sind Fremde, denen man auch in zweiter oder dritter Generation die gepflegte Fremdheit durchaus ansieht, weil die Angehörigen dieser Gruppe sich weder mit autochthonen Europäern kreuzen noch deren Kultur, obzwar sie in ihr leben, überhaupt zur Kenntnis nehmen. Es ist eine tiefe, monströse ethnisch-psychisch-soziale Fremdheit. Es gibt längst überall in Westeuropa Gebiete, in denen man als Araber geboren wird.“ Michael Klonovsky
Dieses Zitat (bekam übrigens 586 Likes auf facebook, 149 mal geteilt, auch von Politikern aller Parteien) ist hochinteressant. Es beschreibt den einfachen und leicht verständlichen Aufbau eines Feindbildes, das derzeit große Zustimmung erfährt. Es schafft gleichzeitig ein vermeintliches Wir-Gefühl: WIR sind gebildet, WIR kennen UNSERE Literatur und Kunst, WIR schätzen den europäischen Geist, WIR lieben die Oper. Es transportiert wohl etwas, das viele Menschen vermissen, etwas wie ein Zugehörigkeitsgefühl, etwas wie ein Gefühl von Vertrautheit und Anerkennung, von Übersichtlichkeit.
Wer mit solchen Feindbildern und wenig außerdem im Kopf herumrennt, Frauen für gleiche Arbeit weniger Geld bezahlt als Männern, gleichgeschlechtliche Ehe in Schulbüchern für sündhaft hält, die Weltliteratur, den Weltgeist und pluralistische Lebensart geringschätzt, wer etwa als Deutscher nie in Syrien war, nie ein Trommelkonzert in Ghana erlebte, nie einen Schneesturm in Sibirien oder vergleichbares überstanden hat und stattdessen glaubt, ein Land mit einem Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert sei innovativ und könne auf aktuelle gesellschaftliche Probleme reagieren, ist dagegen für mich kein ernst zu nehmender Mitbürger. Es sind Angsthasen, denen man auch in zweiter und dritter Generation die Angst vor Vielfalt und Pluralität durchaus ansieht, weil die Angehörigen dieser Gruppe sich weder mit allochthonen Bürgern kreuzen noch deren Kultur, obzwar sie mit ihnen leben, überhaupt zur Kenntnis nehmen. Es ist eine tiefe, monströse Sehnsucht nach einer vermeintlich ethnisch-psychisch-sozialen Einheit. Es gibt längst überall in der Welt Gebiete, in denen man als Deutscher geboren wird.
In „Demokratie – Kultur – Moderne: Perspektiven der politischen Theorie“ schreibt Herbert Schnädelbach: Die vollkommene Anpassung des Bewusstseins und seine objektive Unfähigkeit, sich Alternativen zum Bestehenden auch nur vorzustellen, ist die Ideologie der Gegenwart. Slavoj Žižek sieht darin gar eine weitaus gefährlichere Ideologie als in den Diktaturen. Er ist der Ansicht, dass Ideologien heute nicht mehr aufgrund eines fanatischen Engagements funktionieren, sondern vielmehr umgekehrt aufgrund einer inneren Distanz und Gleichgültigkeit, die das symbolische Mandat des Subjekts nicht ernst nehme.
Wir Palastbewohner glauben die Welt draussen zu kennen – aber in Wahrheit haben wir keine Ahnung. Wir können uns ein Leben in Armut und Misere nicht einmal mehr vorstellen, geschweige denn ein solches Leben aushalten. Darum hat auch die Solidarität mit den «Armen» oftmals etwas so Aufgesetztes, Selbstgefälliges. Im Palast wohnen und mit den anderen mitfühlen – in dieser Position hat man beides: das Geld und das gute Gewissen. Man spendet den Flüchtlingen alte, zu kleine Klamotten und redet sich damit ein, sein solidarisches Soll erfüllt zu haben. Abscheulich!
Wir müssen endlich diesen Steinhöfels und Co. den Wind aus den Segeln nehmen. Sie sind es, die die europäische pluralistische Wertegemeinschaft schwächen mit dem ständigen Schüren von Angst vor dem vermeintlich Fremden. Sie sind mit ihrer dauerhaften Verteidigung einer antidemokratischen „reinen“ Leitkultur diejenigen, die Mauern bauen und einer solidarischen Gemeinschaft schaden.